Donnerstag, 27. Juni 2013

Keine Form ohne Formlehm - eine Rezeptur

Ohne diese klebrige, leicht muffige Masse wäre ein gelungener Bronzeguss nicht möglich - der Formlehm. Aus ihm werden die Gussformen hergestellt, in die später die flüssige Bronze gegossen wird. Dabei muss der Lehm einige sehr spezifische Eigenschaften besitzen, um ein optimales Gussergebnis erreichen zu können.

Dank Arnulf von der Sippe Gunturson bin ich nach langer Suche endlich an den hervorragenden Artikel des Archäologen und begnadeten Bronzegiessers Ken Ravn Hedegaard, "Casting Trefoil Brooches" gelangt, in dem er sein Rezept für einen optimalen Formlehm veröffentlicht hat:

"Actually the main content of these moulds was horse or cow dung, fresh from animals at pasture. I prefer horse dung, but I am sure cow dung was used more in the Viking Age. You also need hair – horsehair is good, but human hair works fine too. The clay has to be free from lime and as fine-grained as possible. Then you need some chamotte to temper the mixture. Here you reuse old used moulds (crushed pottery when no old moulds are at hand). I normally go for a mixture of 50% dung, 35–40% clay, 8–12% chamotte and some 3% hair (ca. volume). If in doubt, add more dung and hair, not more clay."*

Wozu 50% Pferde- bzw. Kuhmist? Ganz einfach, die Ausscheidungen bestehen zum größten Teil aus kleinstem organischen Material. Beim Brennen der Gussform verbrennt dieses und lässt eine poröse Struktur zurück. Dadurch kann beim Gussvorgang die Luft aus der Form besser entweichen, was wiederrum eine optimale Verteilung des flüssigen Metalls ermöglicht. Die Schamotte und die Tierhaare hingegen sorgen für eine rissfreie und stabile Abtrocknung der Gussform.

Keine Frage dass ich das Rezept umgehen ausprobieren musste, Ergebnisse gibt es in kürze. Viel Spaß beim Matschen!



* Hedegaard, Ken Ravn, "Casting Trefoil Brooches" in "Viking Heritage Magazine 1/2005"

Dienstag, 25. Juni 2013

Ein Frauenmantel in Anlehnung an die Haithabufunde

Die Frage nach einem Mantel als Bestandteil der wikingerzeitlichen Frauentracht hat Fjørgyn schon lange beschäftig. Nicht nur weil sie sich für das Thema an sich interessiert, sondern auch, weil ihr Abends trotz Lagerfeuer immer wieder zu kalt war.

Der bei vielen Darstellern allseits beliebte Rechteckmantel kann im allgemeinen wohl eher als Statussymbol wohlhabender und herrschender Männer betrachtet werden und kam somit nicht in Frage. Aus dem Fundkomplex der wikingerzeitlichen Handelssiedlung Birka gibt es jedoch Hinweise auf ein nach vorne offenes Frauengewand1.

So entschloss sich Fjørgyn kurzerhand einen solchen Mantel in Anlehnung an jene Textilreste aus dem Hafen von Haithabu anzufertigen, die als Fragmente der Frauenobertunika angesprochen werden. Aufgrund des dürftigen Fundmaterials kann nicht eindeutig belegt werden, ob diese ursprünglich vorne offen oder geschlossen war.

Bedeutend für ein mögliches Schnittmuster waren vor allem die als Keilstücke (Gere) gedeuteten Fragmente, die von einem etwa knöchellangen, künstlich eingefärbtem Gewand in Gleichgratköperbindung 2/2 stammen. (Frag. 6A-B, 21A-B). Diese lassen aufgrund ihrer umgeschlagen Saumkante und Nähte auf ein mit einem Futterstoff und Besatzstreifen versehenes Kleidungsstück schließen.


Fragmente 6A & 6B

 
Fragmente 21A & 21B

Als Ärmel des Mantels kam das gut erhaltene Ärmelfragment 57 in Frage, welches ich in diesem Beitragbereits genauer beschrieben habe. Aufgrund der Modelung des Ansatzes kann von einem zur Schulter hin eingezogenem Ärmelausschnitt am Rumpf des Gewandes ausgegangen werden. Dieses von Hägg aufgrund der Länge von 58cm als Armteil eines Männergewandes angesprochene Fragment kann jedoch wegen seines eingezogen Schnittes durchaus auch Teil eines von einer Frau getragenen Kleidungsstück stammen, da dieser eine solche Länge erfordert.

Für die Herstellung des Mantels entschied sich Fjøergyn für einen naturbraunen Wollköper in Gleichgratbindung sowie einen mit Eichenrinde gefärbten, ebenfalls gleichgratbindigen Wollköper als Futterstoff. Für die Teilstücke des Ärmelsschnittes wählte sie sich aufgrund der stark dunklen Färbung des Orignalfragmentes für einen mit Indigo gefärbten Stoff.
Die Vorderseite des Mantels überlappt auf der einen Seite und wird mit einer Fibel geschlossen. Dies steht im Gegensatz zu dem von Hägg vermuteten, mittig geschlitzten Mantel und bleibt spekulativ.



Gesamtansicht des Mantels


Detailansicht des Halsausschnittes


Detailansicht Ärmelkonstruktion außen...


...und innen




weitere Details


1 Hägg, Inga - Mantel och kjortel i vikingatidens dräkt