Sonntag, 18. März 2012

Wikingerzeitliche Gusstiegel

Im Internet kursieren viele Texte und Anleitungen zur Rekonstruktion wikingerzeitlicher Bronzeguss-Techniken. Viele davon sind sehr informativ und lesenswert, doch die meisten lassen ein wichtiges Detail missen: Informationen zu Form und Material der Gusstiegel.

Deshalb möchte ich in diesem Artikel diverse wikingerzeitliche Tiegelformen vorstellen und erklären, wie sie hergestellt wurden.

Aus Haithabu stammen verschiedene Tiegel-Funde, die sich in Material und Qualität sowie der Herstellungsart stark voneinander unterscheiden.
Zum einen gab es röhrenförmige Tiegel, die vor Ort aus, Zitat*, „heimischen“ Materialien hergestellt wurden (leider führt die Literatur nicht weiter aus, was unter „heimisch“ zu verstehen ist, sodass man nur spekulieren kann aus was die Tiegel bestanden). Diese Gusstiegel wurden einfach über dem Finger geformt und dann gebrannt.

Von mir hergestellte Tiegel dieses Typus. Sie bestehen aus Formlehn nach dem Rezept der Werkburg, siehe http://www.werkburg.de/index.php?id=formlehm. Die Masse riecht schon nach kurzer Zeit ziemlich übel nach Pferdemist. Das verfliegt aber sobald sie getrocknet ist.


Ein Fund aus Birka in gleicher Form. Material unbekannt. 
Quelle: http://mis.historiska.se 

Eine weiterer Tiegel-Typ aus Haithabu beschreiben die ähnlich röhrenförmige Tiegel, die mit einem gedrechselten Formholz modelliert wurden. Sie wurden aus Schamott hergestellt und sind vermutlich fränkische Importware. Die Innenwände der Tiegel sind nicht Rund (wie bei den vorher beschriebenen) sondern kreuzförmig ausgeprägt. Eventuell ließ sich durch diese Einkerbungen das flüssige Metall präziser ausgießen?

Ein interessanter Haithabu-Typ sind die Beutel-Tiegel. Sie bestehen aus einem Stoffbeutel (Leinen?), in den das zu verflüssigende Metall gehüllt wurde. Anschließend umschloss man den Beutel mit der Tiegel-Masse (unbekannter Zusammensetzung) und brannte ihn samt Inhalt.

Aus der Nähe von Birka sind zudem noch Ei-förmige Gusstiegel aus der frühen Wikingerzeit bekannt. Sie haben die Form eines zur Hälfte ausgeschnitten Eies, wobei die Spitze den Ausguss bildete. Am anderen Ende waren teilweise kugelförmige Fortsätze angebracht, die wohl zum Halten des heißen Tiegels mit der Zange gedient hatten.


Von mir hergestellte „Eier-Tiegel“, selbes Material wie bei den röhrenförmige Tiegeln.


Wie man sieht sind noch viele Fragen offen, vor allem was das Material aus dem die Tiegel hergestellt wurden betrifft. Die Recherchen gehen also weiter…


*Hans Drescher, Metallhandwerk des 8-11 Jhd. In Haithabu auf Grund der Werkstattabfälle