Mittwoch, 20. Juni 2012

Wikingerzeitliche Bronzegussöfen

Es ist schwierig, im Internet vernünftige Quellen bzw. Informationen zur Konstruktion von frühmittelalterlichen bzw. wikingerzeitlichen Bronzegussöfen zu finden. Auch ich musste das meiste aus begangenen Fehlern und der daraus gewonnenen Erfahrung lernen.

Doch zunächst einmal: was sagt die Archäologie? Um eines gleich vorweg zu nehmen: in Haithabu wurden bislang keine kompletten Werkstätten bzw. Schmelzöfen entdeckt, sodass sich hierfür keine Rückschlüsse über deren Konstrutkion ziehen lassen. Aus dem völkerwanderungszeitlichen Siedlung von Helgö, welches unweit des wikingerzeitlichen Birkas gelegen ist und dessen Handwerksbetriebe von ca. 500 bis 800 n. Chr ihre Hochzeit erlebten, sind Funde von Gebläseschutzdüsen aus Ton und Lehm bekannt. Diese dienten wohl dazu, den Luftstrom der Blasebalge direkt in die Mitte des Ofens leiten, um eine größtmögliche Hitzeverteilung zu ermöglichen.

Auch ganze Ofenkonstruktionen findet man in Helgö vor. Sie sind überraschend simpel Konstruiert, bestehen sie doch nur aus einer kleinen Erdgrube, je ca. 10 cm breit, tief und hoch, die mit Steinen ausgekleidet ist und in die eine der besagten Düsen führt: 


Rekonstruktionszeichnung eines Schmelzofens von Helgö. Das dunkle Objekt a stellt einen Gusstiegel dar, bei b und c handelt es sich um die Düsenkonstruktion. Quelle: http://web.comhem.se/vikingbronze/casting.htm


Anhand der Helgö-Funde begann ich nun einfache Schmelzöfen zu rekonstruieren. Bei der Konstruktion der Düsen versuchte ich mich sowohl an den geraden Ton-Düsen aus Helgö, sowie auch an wasserhahnförmigen Düsen, wie sie schon zur frühen Bronzezeit Verwendung fanden (zugegebener Maßen nicht wikingerzeitlich!).


Und weil es an dieser Stelle gerade passend ist, eine von meiner Sippenschwester Thordis getöpferte Düse, angelehnt an ein historisches Original:


Die Düsen werden mit dem Blasebalg-Paar verbunden und in die Herdgrube geführt. Danach wird die Düse eingegraben, um den Kontakt des ledernen Verbindungschlauchs mit dem Feuer des Ofens zu vermeiden. Nun kann der Ofen angefeuert werden.



Der Durchmesser dieses Ofens beträgt gerade einmal 15cm. Dennoch dauerte das Schmelzen eines Tiegels gefüllt mit Messingstücken gerade einmal 15 Minuten.



Die Hitze des Ofens ist so stark, dass die Tondüsen nach mehreren Schmelzvorgängen auf der Oberfläche verglasen und rissig werden. Ist der Ton abgemagert bzw. schamottiert, lassen sich die Düsen etwa 2 Stunden lang verwenden bis sie unbrauchbar werden. Bei einem fetteren Ton ist die Lebensspanne deutlich kürzer. Die Düsenstücke müssen also ein Verschleißgegenstand gewesen sein.


deutliche Verglasungsspuren an den Düsenstücken


Sven

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