Im
Fundkomplex der Lederfunde von Haithabu findet sich ein abgerissenes
Fragment aus Ziegenleder. Aufgrund der schmalen, schlitzförmigen
Löcher an einer der Fragmentseiten wird davon ausgegangen, dass es
sich hierbei um die Hälfte eines Beutels handelt, dessen Öffnung
ursprünglich mit einem Lederstreifen gerafft und zusammengezogen
wurde.
Das Fragment aus den Lederfunden
Das
Fragment hat eine Breite von ca. 13cm und heute eine Höhe von noch
ca. 14cm. Da die untere Seite komplett abgerissen ist, lässt sich
heute die ursprüngliche Höhe des Beutels nicht mehr bestimmen. Auch
ob der Beutel aus zwei Lederstücken bestand, die aufeinander genäht
wurden oder aus einem längeren Stück, dass mittig gefaltet und dann
vernäht wurde, ist nicht bekannt.
Für
meine Rekonstruktion entschied ich mich für die letztere Variante,
da ich mir somit die untere Verbindungsnaht sparen konnte. Aus einem
stärkeren Ziegenleder (siehe dem Beitrag zur Rekonstruktion der
Haithabu-Beinlinge) schnitt ich also ein Lederstück mit ca. 30cm
Länge, was einer späteren Beutelhöhe von 15cm entspricht. Das
Stück wurde mittig gefaltet und die Nahtlöcher mit einer Ahle
vorgestochen. Anschließend wurden an beiden Enden jeweils 11
Schlitze für den späteren Beutelzug hineingeschnitten.
Nahaufnahme der Nahtlöcher und der Schlitze
Ein
Rätsel gab mir die Lochreihe am oberen Ende des Beutelfragments auf
(im Bild des Fragmentes rot markiert). Wäre der obere Rand des
Beutels umgeschlagen und festgenäht gewesen, müsste es eigentlich
eine zweite, parallele Lochreihe geben. Da diese aber nicht existiert
liegt die Vermutung einer Ziernaht an der Beutelöffnung nahe.
Zunächst
wurde der Beutel also „auf links“ mit einem gewachsten Leinengarn
vernäht. Dazu zog ich den Faden mehrmals über einen klumpen aus
Bienenwachs. Anschließend wurde der Beutel gewendet, ein Holzstab
hilft dabei, die Ecken auszuformen. Darauf fertigte ich die
angesprochene Ziernaht, in dem ich im Überwendlichstich jeweils
links und rechtsrum das Garn durch die vorgestochenen Löcher führte.
Dies ergab eine dreieckige Ziernaht.
Wachsen des Garnes
Detailansicht der Ziernaht
Abschließend
wurde noch ein aus dem selben Leder geschnittenes Lederband durch die
Schlitze gezogen und der Beutel damit verschlossen. In ihm finden
Feuerstahl, Feuerstein und Zunder ihren Platz.
Das
Säckchen wird zusammen mit dem Beinlingen am Gürtel befestigt, der
unter der Tunika getragen wird. Somit ist er vor Beutelschneidern
geschützt :-)
Sven
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